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Re: [Frunge] Re: Fraktursatz
From: |
Dennis Heidsiek |
Subject: |
Re: [Frunge] Re: Fraktursatz |
Date: |
Mon, 02 Nov 2009 13:23:42 +0100 |
User-agent: |
Thunderbird 2.0.0.23 (Windows/20090812) |
Hallo allerſeits,
Arno Trautmann ſchrieb am 29.10.2009 09:32 Uhr:
Ich antworte mal hierauf, obgleich meine Frage nichts mit Dennis’¹ Link
(ſchönen Dank dafür!) zu tun hat.
Den fand ich einfach deshalb intereſſant, weil da ſo explizit darauf
eingegangen wird, wann im Frakturſatz Antiqua anzuwenden iſt und wann nicht.
Zur Zeit leſe ich ein Büchlein „Triſtan und Iſolde“, in Kleiſt Fraktur (oder
ſehr ähnlicher) geſetzt.
Ah, ein Klaſſiker in Fraktur – viel Spaß dabei :-).
• Die Unterſcheidung zwſichen ſ und f iſt auch für den geübten Leſer faſt
unmöglich, wenn es ſtändig um „Luſt“ oder „Luft“ geht; weiterhin „ſahen“, was
als „fahren“ miſſgeleſen wird, „ſuchte“ ſtatt „fluchte“ etc. Aus dem Kontext
ſind die teilweiſe nicht auseinanderzuhalten und dann iſt man auf den winzigen
Strich angewieſen, der ſ und f unterſcheidet.
Wir ſind hier unter uns, alſo muſs ich Dir rechtgeben: In eigentlich
allen Frakturſchriften unterſcheiden ſich f und ſ wirklich nur dadurch,
daſs beim ſ das kleine Strichlein nur links (aber nicht rechts)
vorhanden iſt, was in einigen Problemfällen – wie von Dir beſchrieben –
leider zu ſchlechter Lesbarkeit führt. Neben der auch häufig
anzutreffenden gleichen Glyphe für I und J iſt das eine der wenigen
Dinge, die auch mir an der Fraktur nicht ſo wirklich gefallen.
Aber wie Frakturfreak ſchon ſchrieb, hängt das natürlich auch immer
ſtark von der jeweiligen Ausgeſtaltung einer konkreten Schrift ab. Man
denke hier nur mal an die Sütterlin, wo ſich f und ſ ganz deutlich
voneinander unterſcheiden (das f hat eine Schlaufe und das ſ eine viel
ſtärke Unterlänge, was es auch ſehr ſchön vom t abgrenzt).
Wie ſehen hier die Anſätze für die frunge-Schriften aus; ſtrebt ihr eine
beſſere Unterſcheidbarkeit an?
Ich halte das bei einer Brotſchrift für einen berechtigten und
ſinnvollen Punkt. Die Formen von f und ſ ſollte ſich nicht zu ähnlich
ſehen. Und was mir bei Deinen Beiſpielen auch aufgefallen iſt: ſ wie f
ſind ja recht ›ligaturanziehend‹, auch da könnte man vielleicht noch
eine beſſere Lesbarkeit herausholen, indem die Ligaturen etwas
›individueller‹ (ſprich unverwechſelbarer) geſtaltet werden. Aber sie
müſſen ſich natürlich auch wieder harmoniſch in den Leſefluſs einfügen
und dürfen nicht herausſtechen …
• Fraktur heißt ja ſo, weil die Bögen gebrochen ſind. Wenn ich mir aber die
Großbuchſtaben (zumindeſt in der Kleiſt) anſehe, iſt das faſt das Gegenteil. Es
gibt faſt keine Brüche, dafür ſehr viele Schwünge, wo urſprünglich keine waren
(vgl. etwa das T). Nun frage ich mich, wo die Form der Großbuchſtaben überhaupt
herkommt.
Die Klein- und die Großbuchſtaben kommen bei der Fraktur nun mal aus
leicht unterſchiedlichen Welten. Das ſieht man ſchon daran, wenn man
einmal die Laufweite der Klein- und Großbuchſtaben mit ihren
Antiquaäquivalenten vergleicht: Die Kleinbuchſtaben ſind bei der Fraktur
dichter (man denke nur an das ſ) angeordnet, wogegen die Großbuchſtaben
der Fraktur hier meiſt recht verſchwenderiſch (und oft auch
verſchnörkelt – man denke hier nur an die typiſchen Elefantenrüssel¹)
ſind. Auch die Schriftengruppe der Frakturen iſt eben nicht aus einem
Vakuum entſtanden, ſondern nimmt hier Formen vorhergehender Schriften –
insbeſondere der ſtark gebrochenen, aber eben auch ſtark verſchnökelten
Textura – auf. Man ſchaue ſich etwa einmal das Schriftbild der
Theuerdank¹, eine der älteſten Frakturſchriften, an.
Kurzum: Für mich iſt das Spiel (ſprich die Unterſchiede) zwiſchen Groß-
und Kleinbuchſtaben der Frakturſchriften eine ihrer charakeriſtiſchen
Eigenſchaften – und wie ich finde, eine reizvolle :-).
Viele Grüſʒe,
Dennis
¹ http://de.wikipedia.org/wiki/Elefantenr%C3%BCssel
² http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Theuerdank-1.jpg
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